Europa mit Grenzen macht keinen Spaß
IGS-Schüler diskutierten mit den Bundestagsabgeordneten André Berghegger und Rainer Spiering
Von Jürgen Schwietert
„Wir in Europa“ lautete das Motto einer Podiumsdiskussion im Forum der IGS Fürstenau. Kritische Fragen stellte Schulleiter Jürgen Sander, der die Veranstaltung mit den Bundestagsmitgliedern Rainer Spiering (SPD) und André Berghegger (CDU) moderierte.
Fürstenau. Jürgen Sander skizzierte die Eckwerte Europas. Dabei ging er auf die Bevölkerungsdichte ebenso ein wie auf die Größe der Staaten, auf die geografische Struktur, Klimazonen und Ressourcen der Länder sowie ihre Finanzkraft und ihre Gesellschaft. „Europa ist sehr, sehr bunt und auch vielfältig“, betonte der Schulleiter. In der Diskussion solle es um Probleme und Herausforderungen gehen.
Und so war es: Jürgen Sander hinterfragte die europäische Gesetzgebung. André Berghegger machte deutlich, dass die Gesetzgebungshoheit in den nationalen Parlamenten liege. Die von Europa vorgegebenen Gesetze werden in den jeweiligen Ländern in eigener Regie der nationalen Parlamente in die Gesetze umgewandelt. Der reich bestückte Themenbaum bot viele Anknüpfungspunkte für die Gäste. Zunächst wurde über die Landwirtschaft debattiert. „Ist es eine Folge verfehlter Politik, dass viele Landwirte aufgeben mussten?“, fragte Sander. Rainer Spiering holte aus und ging zunächst auf die „wunderschöne strukturierte Kulturlandschaft hier“ ein. „Ich mache mir um die Gesamtlage mehr Sorgen. Die Landwirtschaft ist im Umbruch. Wir sind hier die großen Veredler“, so Spiering. Daraus sei eine sehr stark ausgeprägte Landmaschinentechnologie, die fortschrittlichste der Welt, hervorgegangen. Diese Maschinen benötigen auch die neusten Entwicklungen aus dem Bereich der elektronischen Technologien. Die Folge sei eine entsprechend gute Versorgung des ländlichen Raumes. „Für eine moderne Landwirtschaft braucht man Glasfasernetze“, so Spiering.
André Berghegger ging auf die Probleme der Zukunft ein. „Fest steht, die Weltbevölkerung wächst. Wenn wir alle in Zukunft ernähren wollen, müssen wir bis 2050 die Landwirtschaftsproduktion verdoppeln“. Berghegger: „70 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Europa sind kleiner als fünf Hektar“. Es würden sich Fragen nach Standards, Leistungsfähigkeit und Sicherheit stellen. Die Landwirtschaft müsse zukunftsfähig werden.
Eine erste Fragerunde aus dem Plenum schloss sich an. Aus der Schülerschaft wurde gefordert, nachhaltig zu wirtschaften und nicht so viele Lebensmittel zu vernichten, auch mal Produkte zu kaufen, die nicht den Schönheitsidealen entsprechen würden. In diesem Zusammenhang forderte Spiering auch, dass im Bereich der Entwicklungshilfe die Menschen vor Ort lernen müssen, sich selbst versorgen zu können.
Sodann ergab sich das Thema Brexit. „Brexit ist ein Beispiel einer bedauerlichen Entwicklung in Europa“, so Berghegger. Zunächst zeigte er die unterschiedlichen Ansichten zu Europa auf. Auf der Insel sei Europa immer nur als Wirtschaftsregion, auf dem Festland aber bedeutend mehr als Friedensregion empfunden worden. Es sei polarisiert worden, dann sei es zu der bedauerlichen Entscheidung für den Austritt gekommen. Ein Problem dabei sei gewesen, dass die jüngere Generation, überwiegend pro Europa eingestellt, nicht zur Wahl gegangen sei. Erst nach dem Votum in Großbritannien wurde hinterfragt, was der Brexit bedeutet. Dieses sei ein Synonym für nicht gelingende Kommunikation zwischen Politik und Bürger. Und jetzt müsse es um entsprechende Schadensbegrenzung gehen. Rainer Spiering: „Europa ist eine Friedensidee lange vor allen anderen Ideen. Wir sind im Moment dabei, Europa auf Wirtschaft zu reduzieren. Ich habe Europa mit Grenzen erlebt. Das hat echt keinen Spaß gemacht.“ Im Moment zeichne sich eine solche Entwicklung wieder ab. „Wenn Deutschland wackelt, muss man von keinem anderen Land erwarten, dass es zu Europa steht“, betonte er.
Nach der Diskussion nutzen die Schüler die Chance, direkt mit den Abgeordneten ins Gespräch zu kommen. Dabei stand natürlich ein Themenfeld besonders im Vordergrund: Schule und Bildung.