„Die Erinnerung stets wachhalten“ – Noah Geisel zu Besuch an der IGS Fürstenau

Kunstprojekt der IGS Fürstenau in Kooperation mit der Grundschule Schwagstorf war ein voller Erfolg!
3. Oktober 2023
LiesAs Buchvorstellung
16. Oktober 2023

Noah Geisel (2. v. rechts) mit seiner Familie und Bernd Kruse (links; Fotos: J. Sander).

Am 4. Oktober 2023 suchte Noah Geisel das Gespräch mit der Seminarfachgruppe von Frau Tascke (12.4). In der einstündigen Gesprächsrunde ging es um das Erinnern und Wachhalten der NS-Zeit in der eigenen Familie. Geisel selbst wohnt in Pueblo im US-Bundesstaat Colorado. Im Zuge einer Deutschlandreise mit seiner Frau und seinen Schwiegereltern besuchte er am 4. Oktober Fürstenau. Hintergrund ist, dass Geisel der Enkel der Fürstenauer Jüdin Else Frank ist. Else Frank musste 1939 aus Fürstenau fliehen, schaffte es über Großbritannien schließlich in die USA. Geisel musste die Schüler:innen, die begierig darauf waren, etwas mehr über Else Franks Schicksal und ihr Leben in der NS-Zeit in Fürstenau zu erfahren, leider enttäuschen. Seine Oma habe nie mit ihm über diese Zeit sprechen wollen und er wisse kaum etwas, weshalb er auch seine lange Reise nach Fürstenau angetreten habe, um das zu ändern.

Dementsprechend nahm die Gesprächsrunde eine unerwartete Wendung. Geisel fragte nämlich die Schüler:innen, ob es ihnen ebenfalls so ginge und was sie über ihre Familie in der NS-Zeit wüssten. So entwickelte sich ein packendes und berührendes Gespräch über das Erinnern und Wachhalten der eigenen Familiengeschichte und der fatalen Wirkung von Hass, der im Kleinen immer erst beginne, und in einer Katastrophe aufgrund menschlichen Versagens wie dem Völkermord an den europäischen Juden enden kann. Eindrucksvoll brachte Geisel es auf den Punkt, indem er sagte, dass er in einer anderen Realität ein Fürstenauer Kollege oder Nachbar gewesen wäre, wenn man sich in Deutschland nicht nur für den Hass entschieden hätte.

Bernd Kruse, pensionierte Lehrkraft der IGS Fürstenau, informierte die Teilnehmer:innen über die Sachzusammenhänge des Schicksals von Else Frank. Kruse, der mit der Lehrkraft Tim Wagemester die Gesprächsrunde organisierte, schenkte Noah Geisel am Ende einen originalen „Judenstern“ aus dem KZ Theresienstadt, in dem seine Urgroßeltern kurz vor ihrer Ermordung inhaftiert waren. Schulleiter Jürgen Sander überreichte dem Besucher eine Ausgabe der Schulfestschrift zum 50-jährigen Jubiläum mit eigener Widmung. Geisel selbst war nicht nur über die Geschenke, sondern auch über die Gastfreundschaft und die Schilderungen der Schüler:innen sichtbar emotional berührt. Den Besuch an der Schule und die weiteren Programmpunkte in Fürstenau dokumentierte die Redakteurin Carolin Kempe vom NDR.